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Rechtsanwalt für Türkisches Recht

Ümit ÖZ

 

 

Schengen‑Visum: Ablehnung und Klageverfahren in Berlin für türkische Staatsbürger – Umfassender Leitfaden 2025

 

 

Schengen‑Visum – Definition und Merkmale

Das Schengen‑Visum ist ein kurzfristiges Einreisevisum, das Personen ausgestellt wird, die für kurze Zeit (maximal 90 Tage innerhalb von 180 Tagen) in den Schengen‑Raum in Europa reisen möchten. Mit einem einzigen Visum kann man sich frei zwischen 29 Schengen‑Staaten bewegen.

Zu den grundlegenden Merkmalen des Schengen‑Visums gehören:

  • Es wird für Reisen zu touristischen, geschäftlichen, familiären oder kurzfristigen Ausbildungszwecken genutzt.
  • Wer ein solches Visum besitzt, kann mit demselben Visum Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande betreten.
  • Es ist als „Typ‑C-Visum“ bekannt (kurzfristiges Visum).
  • Der Visumantrag muss bei der Botschaft oder dem Konsulat desjenigen Landes gestellt werden, das das Hauptreiseziel ist oder in das man als erstes einreist.
  • Mit diesem Visum erhält man keine langfristige Aufenthaltsgenehmigung oder Arbeitsberechtigung – dafür ist ein nationales „D‑Visum“ nötig.

Gründe für die Ablehnung eines Schengen‑Visums

Ein Schengen‑Visumsantrag kann aus folgenden Gründen abgelehnt werden:

  1. Unvollständige oder falsche Dokumente
    • Das Antragsformular ist unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllt.
    • Der Reisepass hat nicht ausreichende Gültigkeitsdauer oder ist beschädigt.
    • Obligatorische Dokumente wie Krankenversicherung oder Einladungsschreiben fehlen.
  2. Reisezweck ist nicht klar
    • Der Antragsteller kann den Zweck der Reise (Tourismus, Geschäft, Familienbesuch) nicht überzeugend darlegen.
    • Das Konsulat beurteilt, dass der Antrag „nicht ernst gemeint“ oder der Zweck „nicht glaubwürdig“ ist.
  3. Unzureichende finanzielle Mittel
    • Es kann nicht nachgewiesen werden, dass ausreichend Mittel für die Reise vorhanden sind.
    • Kontoauszüge wirken inkonsistent oder nicht vertrauenswürdig.
  4. Fehlende Rückkehrgarantie
    • Es fehlen überzeugende Nachweise, dass der Antragsteller nach der Reise in die Türkei oder in sein Wohnsitzland zurückkehrt (z. B. Arbeitsvertrag, Familienverhältnisse, Immobilien).
    • Besonders bei jungen Personen oder Studierenden wird dies stärker geprüft.
  5. Frühere Visumsverstöße
    • Der Antragsteller hat zuvor gegen ein Schengen-Visum verstoßen (z. B. Überschreitung der erlaubten Aufenthaltsdauer).
    • Es bestehen Einträge über unregelmäßige Einreisen oder ein Visumverbot.
  6. Sicherheits- oder Strafregisterbedenken
    • Der Antragsteller wird als Risiko für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eingeschätzt.
    • Möglicherweise liegen Terrorverdacht oder frühere schwerwiegende Straftaten vor.
  7. Ermessensentscheidung des Konsulats
    • Das Konsulat kann den Antragsteller nach Prüfung der Unterlagen oder eines Gesprächs als ungeeignet beurteilen.
    • Die Ablehnung wird nicht immer ausführlich begründet.

Statistik: Schengen‑Visum-Ablehnungsraten bei türkischen Staatsbürgern in den letzten fünf Jahren

In den letzten fünf Jahren lagen die Ablehnungsquoten für türkische Antragsteller etwa bei:

  • 2020: 13,78 %
  • 2021: ca. 16,5 – 19 %
  • 2022: ca. 15 %
  • 2023: etwa 16 %
  • 2024: rund 14,5 %

Schengen‑Visum in Berlin: Ablehnung und Rechtsmittel (Klage) – Umfassender Leitfaden für türkische Staatsbürger (Stand: 2025)

Türkische Staatsbürger haben derzeit erhebliche Schwierigkeiten bei der Beantragung eines Schengen‑Visums für Reisen in die EU. Besonders in Deutschland steigen die Ablehnungsraten rapide, und viele Bewerber erhalten trotz vollständiger Unterlagen eine Absage.

Früher reichten eine Flug- und Hotelbuchung sowie ein einfaches Finanzierungsnachweis aus – heute prüfen die Konsulate deutlich strenger und detaillierter.

Daher ist die Möglichkeit, gegen eine Visumsablehnung vorzugehen – insbesondere durch eine Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht (Verwaltungsgericht Berlin) – wichtiger denn je.

Dieser Leitfaden erklärt:

  1. Warum werden Schengen‑Visa heute häufiger abgelehnt?
    • Da türkische Staatsbürger in der Regel kein visumfreies Reisen in die EU haben, ist ein Schengen‑Visum notwendig.
    • Die Konsulate prüfen verstärkt die Rückkehrwahrscheinlichkeit, insbesondere bei jüngeren oder alleinstehenden Antragstellern, wegen wirtschaftlicher Unsicherheiten in der Türkei.
    • Politische Strategien der Schengen‑Staaten tendieren zunehmend zu strengeren Kontrollen und restriktiveren Vergabepolitiken.
  2. Aussetzung des Remonstrationsverfahrens in Deutschland (2023–2025)
    • Im Juni 2023 erklärte Deutschland, dass das Remonstrationsverfahren (Verwaltungsbeschwerde) in der Türkei vorübergehend ausgesetzt wird, um die Bearbeitungskapazitäten für Visa zu erhöhen.
    • Diese Aussetzung wurde bis mindestens 30. Juni 2025 verlängert.
    • Das bedeutet: Wer in der Türkei einen Visums‑Ablehnungsbescheid erhält, kann nicht mehr auf konsularischem Weg beschweren; der einzige effektive Weg ist eine Klage in Berlin.
    • Deshalb ist eine sorgfältige, vollständige und überzeugende Antragstellung heute besonders entscheidend.
  3. Offizielle Schengen‑Ablehnungsgründe (16 Standard‑Motive)
    Im Ablehnungsformular eines Schengen‑Visums werden oft 16 standardisierte Ablehnungsgründe („Motive“) angekreuzt. In diesem Leitfaden sind diese 16 Punkte erläutert, jeweils mit typischer Begründung und Beispielen, wie man sich dagegen verteidigen kann:
    • z. B.: gefälschte Dokumente, nicht überzeugender Reiseplan, unzureichende finanzielle Mittel, Zweifel an der Rückkehr, Gesundheitsrisiko, Sicherheitsbedenken, etc.
  4. Formales Ablehnungsformular und Rechtsmittel
    • Im Ablehnungsbescheid sind die angewandten Ablehnungsgründe (aus den 16 Motiven) vermerkt.
    • Es wird auf das Recht hingewiesen, innerhalb von 1 Monat Klage beim Verwaltungsgericht Berlin einzureichen.
    • Der Einspruch sollte schriftlich begründet sein.
    • Adresse des Gerichts: Kirchstr. 7, 10557 Berlin.
  5. Klageverfahren in Deutschland (Klage)
    • Da das Remonstrationsverfahren in der Türkei ausgesetzt ist, ist Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin der effektivste Weg.
    • Frist: 1 Monat ab Zustellung des Ablehnungsbescheids.
    • Benötigte Unterlagen: Ablehnungsformular, alle Antragsunterlagen, Argumente gegen den Ablehnungsgrund, ggf. neue und unterstützende Dokumente.
    • Verfahrensdauer: üblicherweise 4 bis 6 Monate.
    • Vorteile: unabhängige gerichtliche Prüfung, fehlerhafte oder willkürliche Entscheidungen können aufgehoben werden, häufig bietet die Verwaltung im Gerichtsverfahren visumsgewährende Lösungen an.
  6. Empfehlungen für türkische Antragsteller, die eine Klage in Berlin in Betracht ziehen
    • Den Tag der Zustellung des Ablehnungsbescheids unbedingt dokumentieren.
    • Finanzielle Bewegungen des letzten Jahres ausführlich darstellen.
    • Reiseabsicht klar und nachvollziehbar mit schriftlicher Begründung und Belegen erläutern.
    • Starke Bindungen zur Türkei aufzeigen (z. B. Familie, Arbeit, Eigentum).
    • Dokumente nicht nur einreichen, sondern in der Klageschrift verständlich darlegen.
    • Professionelle Unterstützung (z. B. durch einen Rechtsanwalt) kann die Erfolgschancen deutlich erhöhen.

Fazit
Der Zeitraum 2023–2025 ist für türkische Staatsbürger besonders kritisch, da das traditionelle Konsular‑Beschwerdeverfahren in der Türkei ausgesetzt ist. Fehler in der Antragstellung werden deshalb zunehmend härter sanktioniert. Aber: Klagen vor dem Verwaltungsgericht Berlin bieten eine echte Chance, unrechtmäßige Ablehnungen zu korrigieren. Wer seine Ablehnungsgründe klar analysiert und seinen Klage‑Antrag professionell vorbereitet, hat gute Aussichten auf Erfolg.


Stand: 20.11.2025, 14:30 Uhr, Berlin