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Erb­ansprüche türkischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland in der Türkei

 

Erb­ansprüche türkischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland in der Türkei


Heute haben Millionen türkischer Staatsbürger, die im Ausland leben, direkt oder indirekt Erb­ansprüche an beweglichem und unbeweglichem Vermögen in der Türkei. Besonders für türkische Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland sind ihre Erb­rechte und Pflichten in der Türkei unter Berücksichtigung sowohl des türkischen als auch des deutschen Rechtssystems relevant. In diesem Artikel werden die Erb­ansprüche türkischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland in der Türkei erklärt: anwendbares Recht, Nachlass­verfahren und wichtige rechtliche Aspekte.


1. Unter welchen Umständen gilt das türkische Erbrecht in der Türkei?

Nach dem Türkischen Bürgerlichen Gesetzbuch beginnt mit dem Tod einer Person das Erbenverhältnis. Welches nationale Recht zur Anwendung kommt, hängt jedoch von der Staatsangehörigkeit der verstorbenen Person und der Lage des Vermögens ab.
Grundregel nach türkischem Recht:

  • Für unbewegliches Vermögen (z. B. Grundstück, Haus, Feld) gilt das Recht des Landes, in dem sich das Vermögen befindet. Mit anderen Worten: Für einen türkischen Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland gilt auf seine Immobilien in der Türkei das türkische Recht.
  • Für bewegliches Vermögen (Geld, Wertpapiere, Bankkonten usw.) gilt grundsätzlich das Recht des Landes, dessen Staatsangehöriger der Erblasser war.
    Daher kann bei einem in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger im Todesfall für Immobilien in der Türkei türkisches Erbrecht gelten, während für bewegliches Vermögen oft deutsches Recht zur Anwendung kommt.

2. Welche Unterlagen sind erforderlich, um in der Türkei Erbe zu werden?

Türkische Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland müssen bestimmte Dokumente vorbereiten und sich bei den zuständigen türkischen Stellen bewerben, um Erb­recht in der Türkei zu erwerben:
Erforderliche Unterlagen:

  • Sterbeurkunde (mit beglaubigter türkischer Übersetzung)
  • Auszug aus dem Melderegister und vollständiger Melderegister‑Nachweis (Vukuatlı nüfus kayıt örneği)
  • Erbenbescheinigung („Veraset İlamı“)
  • Erbenbescheinigung aus Deutschland (sofern vorhanden), notariell beglaubigt und ggf. mit Apostille
  • Kopien der Personalausweise
  • Unterlagen zum Nachlassvermögen wie Grundbuchauszüge, Bankunterlagen, Fahrzeug­papiere
    Hinweis: In Deutschland ausgestellte Erbenbescheinigungen sind in der Türkei nicht automatisch gültig; in der Türkei muss eine türkische Erbenbescheinigung beantragt werden.

3. Nachlass‑ und Übertragungs­verfahren für in Deutschland lebende Erben in der Türkei

a) Ausstellung der Erbenbescheinigung (Veraset İlamı)
Erben, die in Deutschland leben, können sich an jede türkische Notariatsstelle oder an das zuständige Amtsgericht (Sulh Hukuk Mahkemesi) wenden, um eine Erbenbescheinigung zu beantragen. Dieses Dokument bestätigt, ob eine Person gesetzlicher Erbe ist und in welchem Anteil sie Erb­rechte besitzt.
b) Steuerliche Verpflichtungen

  • Für das in der Türkei verbliebene Vermögen entsteht Erbschafts‑ und Übertragungssteuer.
  • Für in Deutschland wohnhafte Personen ist eine Doppel­besteuerung grundsätzlich häufig ausgeschlossen, da zwischen Türkei und Deutschland ein Steuerabkommen besteht.
  • Die Deklarationsfrist beträgt 4 Monate ab Todesdatum (für im Ausland wohnhafte Erben bis zu 6 Monate).

4. Welches Recht gilt: Türkisches oder Deutsches?

Im internationalen Privatrecht hängt die anzuwendende Rechtsordnung von der Staatsangehörigkeit ab. Für türkische Staatsbürger gilt grundsätzlich türkisches Recht. Allerdings:

  • Wenn die Person zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und in Deutschland sesshaft ist, kann deutsches Recht zur Anwendung kommen.
  • Bezüglich unbeweglicher Sachen gilt stets das Recht des Landes, in dem sich das Vermögen befindet – somit gilt für Immobilien in der Türkei unbedingt türkisches Recht.

5. Pflichtteil („Saklı Pay“) und die Rechte der Erben

Das Türkische Bürgerliche Gesetzbuch sieht zum Schutz der gesetzlichen Erben das System des Pflichtteils vor. Demnach haben unter anderem Abkömmlinge (Kinder, Enkel), Eltern und der überlebende Ehegatte einen Pflichtteil. Werden diese Pflichtanteile durch ein Testament oder Schenkung verletzt, können Erben in türkischen Gerichten eine Pflichtteilsklage („Tenkis Davası“) erheben. Auch in Deutschland lebende Erben können diese Rechte in der Türkei geltend machen.


6. Eröffnung von Erb­rechtsverfahren in der Türkei

Eine im Ausland lebende Person (z. B. in Deutschland) kann in der Türkei folgende Verfahren einleiten:

  • Pflichtteilsklage („Tenkis Davası“), falls Pflichtteile verletzt wurden
  • Feststellung des Nachlasses („Terekenin Tespiti Davası“)
  • Teilungsklage („İzale‑i Şüyu“) zur Auflösung der Erbschaftsgemeinschaft
  • Anfechtungsklage wegen verschobener Nachlass­übertragung („Muris Muvazaası Davası“)
    Für diese Verfahren genügt es in der Regel, einen Rechtsanwalt in der Türkei zu bevollmächtigen; ein persönliches Erscheinen in der Türkei ist nicht zwingend erforderlich.

7. Fazit: Wissen Sie über Ihre Erb­rechte in der Türkei Bescheid, wenn Sie in Deutschland leben?

Für türkische Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland kann der Erb­prozess in der Türkei in steuerlicher, rechtlicher und grenzüberschreitender Hinsicht komplex sein. Daher ist es wichtig, rechtzeitig juristischen Rat einzuholen, damit Ihre Erb­rechte gewahrt und die Verfahren ordnungsgemäß abgewickelt werden.